Die Mieten in unserer Region sind in den vergangenen sieben Jahren drastisch gestiegen: Nach einer Aufstellung, die der Linken-Bundestagsabgeordnete Victor Perli jetzt vorlegte, verzeichnete Wolfsburg seit 2012 eine Mietpreissteigerung von 63,1 Prozent, in Braunschweig kostet die Miete seitdem 45,3 Prozent mehr. Den günstigsten Wert hatte Salzgitter mit 11,2 Prozent.
Am höchsten waren die Mieten laut Perli 2018 in Lüneburg und Göttingen. „Mittlerweile bekommen bereits Menschen mit normalem Einkommen Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu finden", sagte Timo Sass vom Mieterverein Braunschweig und Umgebung am Montag im Forum des BZV-Medienhauses. Gemeinsam mit Sven-Thomas Munte, Geschäftsführer der Firma Munte Immobilien, Karin Stemmer vom Vorstand der Braunschweiger Baugenossenschaft (BBG) sowie Franziska Schwarz, Bürgermeisterin der Stadt Bad Gandersheim, diskutierte er mit Experten der Investitions- und Förderbank NBank über das Thema „Nachhaltige Wohnungsversorgung“.
Mieter müssten laut Zahlen der NBank heute zwischen fünf und zwölf Euro je Quadratmeter bezahlen – Tendenz steigend. „Die meisten Menschen würden sogar eine Mieterhöhung akzeptieren, sofern der Vermieter zur Verbesserung der Wohnqualität beiträgt – etwa durch Renovierungen“, sagte Sass. Doch gebe es Wohnbaufirmen, die Fördermittel ausschlagen, auf Verbesserungen verzichten – und die Mieten trotzdem erhöhen würden. Doch nicht nur bereits bestehende, sondern besonders neu errichtete Immobilien seien für immer weniger Menschen bezahlbar. Allerdings nicht, weil Unternehmer absichtlich nur Luxuswohnungen bauen würden.
„In den 1990ern, nach der Wende, hatten wir auf dem Immobilienmarkt eine ähnliche Situation wie jetzt“, so Munte. Damals habe der Staat den Wohnungsbau jedoch stärker gefördert. Außerdem seien seitdem Bau- und Reparaturkosten deutlich gestiegen. „Heute zahlen für den Sozialen Wohnungsbau die Nachbarn, deren Mieten dafür erhöht werden.“ Neubauten seien laut Munte in unserer Region auch gar nicht in ganz großem Umfang notwendig. „ In Salzgitter gibt es zahlreiche leere Wohnungen, die einfach nur besser angebunden werden müssen“, so der Immobilienexperte. „Bislang braucht man von dort aus nach Braunschweig noch mehr als eine Stunde mit dem öffentlichen Nahverkehr.“ Leerstand, der auch deshalb zustande käme, weil immer mehr vor allem junge Menschen aus den Städten heraus aufs Land zögen, wie Robert Koschitzki von der NBank erklärte. Seine Prognose: Braunschweigs, Wolfsburgs und Salzgitters Einwohnerzahl bleibt in den kommenden 20 Jahren annähernd gleich, Wolfenbüttel, Helmstedt, Peine und Goslar schrumpfen.
Text: Christoph Exner, BZ vom 16. September 2019 l Zum Artikel